Exotische Namen

Bild Quelle: Privat
Meine liebe Freundin Anna hat vor einer Weile einen inspirierenden Blogartikel zum Thema Wertschätzung durch korrekte Ansprache geschrieben. Und damit ist kein Exkurs über ein förmliches “Sehr geehrte Damen und Herren” oder ein lockeres “Hallo zusammen” oder gar eine Debatte über Gendersternchen in “Liebe Leser*innen” entstanden. Es ging um die Verwendung des korrekten Namen des Gegenübers. Und das Thema ist mir, seit ich denken kann, eine Herzensangelegenheit. Ich bin nämlich eine Betroffene. 
Mein Mädchenname ist Himler. Gesprochen wie das Ungeheuer aus dem Zweiten Weltkrieg. Geschrieben mit einem M. Nicht verwandt. Nicht verschwägert. Unglaublich unangenehm, immer wieder mit einer solchen Person in Verbindung gebracht zu werden. Deshalb bin ich bis zum Tag meiner Hochzeit nie müde geworden, mich mit den Worten “Himler, mit EINEM M, bitte” vorzustellen. Gebracht hat es nicht immer etwas. Post an “Frau Himmler” hatte ich regelmäßig im Briefkasten. Die Entscheidung für “Müller” als Ehename war leicht.
Nun ist allerdings nicht nur mein Nachname eine Herausforderung für viele Menschen gewesen. Mein Vorname ist es auch, und der ist ja nach der Hochzeit geblieben. Christin. Mit Ch. Nicht Christina. Nicht Christine. Nicht Kristin. Nicht Ann-Christin. Und schon gar nicht CHRISTIAN. 
Ich arbeite in einem IT-Unternehmen und kommuniziere mit sehr vielen Menschen über Servicetickets in einem Ticketsystem. Ich schreibe meinen Text und “unterzeichne” mit meinem Namen, wie man es halt so tut. Circa einmal wöchentlich bekomme ich eine Antwort, die mit “Hallo Herr Müller” startet.  Eine Unachtsamkeit im vermutlich stressigen Arbeitsalltag. Zwar bin ich durch meine eigene Geschichte sensibilisiert und lege großen Wert auf die Kenntnis und die Nutzung des Namens meines Gesprächspartners (#wertschätzung), aber Fehler passieren, und da nehme ich mich auch nicht aus. 
Anders verhält es sich im privaten Umfeld. Ich habe eine Bekannte, die es seit sechs Jahren durchzieht, meinen Namen mit K zu schreiben. Aber anstatt sie offen darauf hinzuweisen à la “He, weißt du was? Ich werde mit Ch geschrieben”, habe ich es vorsichtig und indirekt versucht. Aus irgendeinem Grund fand ich es irgendwie übertrieben, vielleicht auch peinlich, sie zu berichtigen. Ich habe stattdessen Nachrichten öfter als notwendig mit “LG Christin” beendet, in Chatgruppen gespannt abgewartet, ob sich etwas an ihrer Schreibweise veränderte, wenn jemand über mich - Christin - schrieb. Aber mit unterschwelligen Messages war da nichts zu machen.
Das bringt mich zum Nachdenken. In erster Linie über mich selbst. Bin ich überempfindlich? Der Umgang mit dem Namensthema kommt mir auf der einen Seite selbst albern vor. Wenn es mich wirklich stört, muss ich es  sagen. Aber dann gibt es die andere Seite. Die gekränkte. Und die überwiegt. Wie unwichtig bin ich meinem Gegenüber, wenn ihm etwas so Essentielles wie mein Name egal ist? 
Ich ziehe aus diesem Umstand zwei positive Konsequenzen. 
  1. Aus dieser scheinbar nichtigen Beobachtung, dass meine Bekannte sich meinen Namen nicht ordentlich merkt, wird mir an einer frühen Stelle unserer Bekanntschaft bewusst, dass ich mir die Mühe sparen sollte, mich für eine Freundschaft mit ihr einzusetzen. 
  2. (Der noch wichtigere, noch positivere Punkt)

    Ich bleibe bei meiner Gewohnheit, Menschen meine Wertschätzung entgegenzubringen, indem ich aufmerksam zuhöre, wenn sie sich mir vorstellen, etwas über sich erzählen und indem ich nachfrage, wenn ich etwas nicht verstanden oder durcheinandergebracht habe. Denn die zwischenmenschliche Ebene, Empathie, Netzwerken… das sind meine Kernkompetenzen. Darin bin ich gut.
Weil ich mich für Menschen interessiere.


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